Welche Kulturen haben Piercings traditionell praktiziert?
Piercings sind keine moderne Erscheinung. Sie haben auf allen Kontinenten und über viele Epochen hinweg eine jahrtausendealte Geschichte.
In zahlreichen Kulturen waren sie weit mehr als nur dekorativer Körperschmuck: Piercings dienten als spirituelle Zeichen, soziale Symbole, Statusmerkmale oder waren Teil von rituellen Übergängen – etwa beim Eintritt ins Erwachsenenalter oder zur Verehrung von Gottheiten.
Im Folgenden findest du einen Überblick über verschiedene Kulturen und ihre traditionellen Piercing-Praktiken:
Ägypten
Bauchnabel- und Ohrenpiercings sowie Ear-Stretching
Im Alten Ägypten trugen Pharaonen und hohe Beamte häufig Ohren- und Bauchnabelpiercings – teilweise auch gestretchte Ohrläppchen. Diese galten als Symbole von königlicher Herkunft, sozialem Rang und Macht.
Besonders das Bauchnabelpiercing war der königlichen Familie vorbehalten und galt als Zeichen von Wohlstand und Autorität.
Römisches Reich
Brustwarzenpiercings
Im antiken Rom war es angeblich so, dass Soldaten Brustwarzenpiercings trugen, um Mut, Männlichkeit und Zugehörigkeit zur Armee zu zeigen.
Ob diese Praxis weit verbreitet war oder nur in bestimmten Eliten vorkam, ist historisch umstritten – sie verweist aber auf die symbolische Nutzung des Körpers zur Stärkung des Kampfgeistes.
Maya und Azteken
Lippen-, Ohren- und Zungenpiercings
In den mesoamerikanischen Hochkulturen waren verzierte Piercings in Lippe, Ohr oder Zunge weit verbreitet. Sie wurden häufig in religiösen und rituellen Kontexten eingesetzt – etwa zur Kommunikation mit Göttern und als Zeichen von spiritueller Bedeutung.
Zudem dienten bestimmte Schmuckformen als Ausdruck von Rang, sozialer Zugehörigkeit oder Stammesidentität.
Indien
Nasenpiercings
In Indien hat das Nasenpiercing eine jahrtausendealte Tradition. Je nach Region kann es unterschiedliche Bedeutungen haben:
Es steht oft für Fruchtbarkeit, Wohlstand oder spirituelle Reife. Insbesondere bei Hochzeiten gilt das Nasenpiercing bei Frauen bis heute als wichtiger kultureller Bestandteil.
In Nordindien wird traditionell meist die linke Seite gestochen, was in der ayurvedischen Lehre mit weiblicher Energie und Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht wird.
Afrikanische Kulturen
Lippen-, Nasen-, Ohren- und Gesichtspiercings
In vielen afrikanischen Stammeskulturen dienen Piercings als Ausdruck von sozialem Status, Übergangsritualen (z. B. vom Jugend- ins Erwachsenenalter), Stammeszugehörigkeit oder Schönheitsidealen.
Die genaue Bedeutung ist von Region zu Region unterschiedlich – mancher Piercingschmuck dient auch als Schutzamulett oder spirituelles Zeichen. Piercings sind hier eng mit Identität und Gemeinschaftsgefühl verknüpft.
Südostasien
Rituelle Durchbohrungen
In Südostasien werden Piercings bis heute in bestimmten religiösen Trance-Zeremonien getragen, etwa beim vegetarischen Fest in Thailand, wo Menschen sich Zunge und Wangen durchstechen, um spirituelle Reinigung zu erfahren.
Piercings sind weltweit tief verwurzelt und haben im Laufe der Geschichte unterschiedlichste Bedeutungen gehabt – vom Statussymbol bis zum spirituellen Akt.
In der heutigen Zeit lebt diese Vielfalt weiter. Die moderne Piercing-Kultur ist damit nicht nur stilistisch inspiriert – sie ist auch ein Spiegel globaler Geschichte und kultureller Vielfalt.