Tattoo-Welt im Umbruch: Wer übernimmt endlich Verantwortung?
Die Tattoo-Szene in der Schweiz kommt nicht zur Ruhe. Unser letzter Artikel, „Tattoo-Kunst in der Schweiz: Zwischen Meisterwerk und Grauzone“, hat für ordentlich Zündstoff gesorgt und in der Branche hitzige Diskussionen entfacht. Die grosse Resonanz zeigt, wie dringlich das Thema ist: Während Tattoos längst im Mainstream angekommen sind, hinken Regulierung und Kontrollen weiterhin hinterher.
Doch welche Schritte sind notwendig, um das Tätowiergewerbe endlich fair und transparent zu gestalten? Wir haben nachgehakt, mit Studios gesprochen und uns vom Verband Schweizerischer Berufstätowierer (VST) auf den aktuellen Stand bringen lassen.
Boom und Schattenseiten: Die Branche wächst – aber nicht immer reguliert
Tattoos sind längst kein Nischen-Phänomen mehr – die Nachfrage ist in den letzten Jahren explodiert. Aus einer Subkultur wurde ein Massenmarkt, der nicht nur Chancen, sondern auch Risiken birgt.
Laut VST gibt es mittlerweile offiziell über 1’000 professionelle Tätowierer/innen in der Schweiz. Gleichzeitig hat sich aber auch die Zahl der nicht offiziell registrierten, sogenannten „Heim-Tätowierer/innen“ vervielfacht, die oft in privaten Räumen oder ungeeigneten Locations arbeiten. Das Resultat: Ein unübersichtlicher Markt, in dem seriöse Studios hohe Kosten für Infrastruktur und Hygiene tragen, während andere in einer kaum kontrollierten Grauzone agieren.
Besonders brisant wird dies durch fehlende oder unzureichend durchgesetzte Vorschriften. Dabei existieren bereits seit 2017 Regelungen wie die Meldepflicht für Tätowierer/innen. In der Praxis stossen diese jedoch auf Hindernisse: Viele Studios sind nicht gemeldet, eine öffentlich zugängliche Liste registrierter Betriebe gibt es bis heute nicht und konsequente Kontrollen von nicht gemeldeten Studios oder Ateliers finden nur vereinzelt statt.
Fortschritt in Neuenburg: Ein Vorbild für die ganze Schweiz?
Ein Lichtblick ist der Kanton Neuenburg (Neuchâtel), in dem Tätowierer/innen nicht nur einer Melde-, sondern auch einer Genehmigungspflicht unterliegen. Erst nach einer behördlichen Hygieneinspektion und dem Nachweis einer entsprechenden Ausbildung gibt es grünes Licht zum Arbeiten. Ein Modell, das der VST schon lange landesweit fordert.
In den restlichen Kantonen sieht es leider anders aus: Vielfach mangelt es an einheitlichen Hygienevorschriften und verbindlichen Kursen. Dabei wäre ein obligatorischer Hygienekurs für alle angehenden Tätowierer/innen eine simple und effektive Massnahme, um die Qualität im Markt deutlich zu verbessern und Kundinnen sowie Kunden vor unsauberen Arbeitsweisen zu schützen.
„Black & Grey“ – mehr als nur ein Tattoo-Stil
Unser erster Artikel deckte bereits auf, dass sich die Tattoo-Szene in einem gefährlichen Preiskampf befindet. Der Begriff „Black & Grey“ steht dabei nicht nur für einen beliebten Tattoo-Stil, sondern auch für die immer grösser werdende Grauzone aus Schwarzarbeit und unkontrollierten Anbietern.
Die Problematik dahinter ist offensichtlich:
- Einerseits verlieren seriöse Studios Kundschaft an Billig-Anbieter, die oft ohne professionelle Ausrüstung oder ausreichende Hygiene arbeiten. Sie unterbieten die Preise, weil sie weder in Hygiene noch in professionelle Standards investieren müssen – ein Preisniveau, das seriöse Studios nicht halten können.
- Andererseits fehlt vielen Kundinnen und Kunden die nötige Aufklärung, um zu unterscheiden, wer zuverlässig und wer fahrlässig arbeitet.
Doch hier sind vor allem die Behörden gefordert: Gäbe es konsequente Kontrollen bestehender Vorschriften, sähe die Lage deutlich anders aus.
Kaum ein/e Hobby-Tätowierer/in könnte dann weiter unbehelligt auf dem Sofa einer Mietwohnung oder in der Küche arbeiten – und die Kundschaft wüsste besser, wem sie vertrauen kann.
Die Forderungen des VST – und warum sie wichtig sind
Der Verband Schweizerischer Berufstätowierer (VST) vertritt seit Jahren die Interessen professioneller Tätowierer/innen und fordert dringend klarere Regelungen. Nach Einschätzung des VST braucht es vor allem:
- Konsequente Durchsetzung der Meldepflicht
Damit Studios nicht länger unter dem Radar agieren können. - Eine öffentlich zugängliche Liste registrierter Studios soll der Kundschaft auf einen Blick zeigen, wer offiziell zugelassen und professionell arbeitet – und wer nicht.
- Eine landesweit einheitliche Hygieneverordnung
Mindeststandards müssen für alle gelten – nicht jeder Kanton soll sein eigenes Süppchen kochen. - Obligatorische Hygienekurse vor Tätigkeitsaufnahme
Wer unter die Haut anderer Menschen geht, muss nachweislich wissen, wie man Infektionen verhindert. - Mehr Zusammenarbeit mit den Behörden
Besonders in der Deutschschweiz muss die Kooperation mit dem BLV und den kantonalen Laboren intensiver gestaltet werden.
Die Argumente liegen auf der Hand: Wo klare Regeln gelten und durchgesetzt werden, profitiert die gesamte Branche. Professionelle Studios können sich auf ihre Kunst konzentrieren, während Kundinnen und Kunden ein Höchstmass an Sicherheit erhalten.
Zeit für Taten statt Worte
Die Diskussionen um unser letztes Tattoo.ch-Feature haben gezeigt, dass in der Schweizer Tattoo-Szene ein enormer Gesprächsbedarf besteht – und das nicht ohne Grund.
Die Grauzone wächst unkontrolliert, während seriöse Studios unter Druck geraten. Umso wichtiger ist es jetzt, dass Politik und Behörden Lösungen erarbeiten und konsequent umsetzen.
Neuenburg macht vor, wie eine effektive Regulierung aussehen kann. In anderen Kantonen dagegen wird das Problem ignoriert und es fehlt an klaren Regeln. Doch so wie die Tattoo-Branche wächst, steigen auch die Anforderungen an Hygiene, Ausbildung und Fairness im Wettbewerb.
Ein renommiertes Schweizer Tattoo-Studio, das anonym bleiben möchte, bringt es auf den Punkt:
„Es ist an der Zeit, den Wildwuchs zu beenden und Schweizer Tattoos als das zu etablieren, was sie sein können: hochwertige Körperkunst auf Augenhöhe mit internationalen Standards.“
Ein Tattoo ist für viele Menschen mehr als nur ein Trend – es ist eine Lebenseinstellung und Ausdruck der eigenen Persönlichkeit. Umso wichtiger ist es, dass alle Anbieter, die Farben unter die Haut bringen, gewisse Grundvoraussetzungen einhalten müssen.
Jetzt sind die Behörden gefragt, gemeinsam mit der Szene den nächsten Schritt zu gehen und für faire, transparente und sichere Bedingungen zu sorgen.
Was denkt ihr?
Gibt es in der Schweiz genug Gesetze, oder braucht es endlich konsequente Kontrollen? Teilt eure Meinungen und Erfahrungen oder meldet euch direkt bei uns – damit wir gemeinsam eine professionelle und sichere Tattoo-Kultur fördern können.
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