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Tattoo-Farben im Umbruch: Die Schweiz setzt auf REACH

Publiziert: 24.02.2025, 12:55
REACH-Verordnung-Vorschriften-Tätowierfarben

(Foto: José Pinto)

Seit dem 1. Februar 2025 gelten in der Schweiz strengere Vorschriften für Tätowierfarben. Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) hat mit der Verordnung über Gegenstände für den Humankontakt (817.023.41) die REACH-Verordnung der EU weitgehend übernommen. Ziel ist es, gesundheitliche Risiken durch problematische Farbpigmente und Zusatzstoffe zu minimieren.

Doch was bedeutet das für Tätowiererinnen und Tätowierer, Studios und Kundinnen und Kunden? Welche Farben sind noch erlaubt? Und wie reagiert die Branche auf die neuen Vorschriften?

Warum gibt es neue Regeln?

Tattoo-Farben bestehen aus Pigmenten und Zusatzstoffen, die in die Haut eingebracht werden. Einige davon wurden als potenziell gesundheitsschädlich eingestuft, weshalb die REACH-Verordnung bestimmte Inhaltsstoffe verbietet oder nur noch unter strengen Grenzwerten zulässt.

Die wichtigsten Änderungen:

  • Bestimmte Pigmente und Zusatzstoffe sind verboten oder nur eingeschränkt zugelassen.
  • Hersteller mussten ihre Rezepturen überarbeiten und neue, REACH-konforme Farben entwickeln.
  • Studios dürfen nur noch zugelassene Farben verwenden und müssen deren Herkunft nachweisen.
  • Strengere Kontrollen durch die kantonalen Behörden.

Kritik an der REACH-Verordnung: Stellungnahme des Tätowierer/innen-Verbands VST

Der Verband Schweizerischer Berufstätowierer (VST) äussert erhebliche Bedenken gegenüber einigen Bestimmungen der neuen Verordnung.

In einer offiziellen Stellungnahme kritisiert der Verband insbesondere das Verbot des Pigments Blue 15:3 (CI 74160). Dieses Pigment wurde ohne ausreichende wissenschaftliche Grundlage eingeschränkt, obwohl nationale Behörden selbst keine belastbaren Daten zu einer Gesundheitsgefährdung vorlegen konnten.

Zudem weist der VST darauf hin, dass einige Grenzwerte der REACH-Verordnung technisch kaum umsetzbar seien. Bestimmte Anforderungen sind für Hersteller schwer oder gar nicht zu erfüllen, was die Verfügbarkeit von Tätowierfarben erheblich einschränken könnte.

Trotzdem unterstützt der Berufsverband grundsätzlich Massnahmen zur Erhöhung der Sicherheit von Tattoo-Farben. Er fordert jedoch eine Überarbeitung der Verordnung, damit sie auf einer fundierten wissenschaftlichen Basis beruht und in der Praxis realistisch umsetzbar ist.

Was bedeutet das für Studios?

Tattoo-Studios stehen vor neuen Herausforderungen, müssen aber sicherstellen, dass sie die neuen Vorschriften einhalten.

Pflichten für Studios

  • Nur noch REACH-konforme Farben verwenden – alte Bestände, die nicht den neuen Vorgaben entsprechen, dürfen nicht mehr genutzt werden.
  • Dokumentationspflicht einhalten – Studios müssen belegen können, welche Farben sie verwenden und woher sie stammen.
  • Strengere Kontrollen durch Behörden – je nach Kanton übernehmen das Lebensmittelinspektorat oder Gesundheitsbehörden die Überprüfung.

Was passiert bei Verstössen?

Studios, die gegen die Vorschriften verstossen, müssen mit folgenden Konsequenzen rechnen:

  • Geldbussen oder Verwarnungen durch die kantonalen Behörden.
  • Beschlagnahmung nicht zugelassener Farben.
  • Im schlimmsten Fall eine Betriebsschliessung.

Für seriöse Studios bedeutet die Umstellung jedoch auch eine Chance: Sie können sich als professionelle und sichere Anlaufstellen für Tattoo-Fans positionieren.

Was müssen Tattoo-Fans jetzt beachten?

Die neuen Vorschriften betreffen nur Farben, die ab Februar 2025 neu gestochen oder nachgestochen werden.

Worauf sollte man jetzt achten?

  • Nachfragen: Ein professionelles Studio gibt jederzeit Auskunft über die verwendeten Farben und zeigt Nachweise zur REACH-Konformität.
  • Qualität vor Preis setzen: Wer sich für ein Studio entscheidet, das nach den neuen Standards arbeitet, reduziert gesundheitliche Risiken.
  • Flexibilität bei Farben: Einige Farbtöne sind möglicherweise nicht mehr verfügbar, doch Hersteller haben Alternativen entwickelt, die den alten Farben sehr nahekommen.

Was ist mit Nachstechen?

Auch hier gelten die neuen Vorschriften. Studios dürfen nur noch zugelassene Farben verwenden.

Vorsicht bei günstigen Angeboten

Billige Tattoos könnten ein Warnsignal sein. Studios, die noch mit nicht zugelassenen Farben arbeiten, können niedrigere Preise anbieten – dies könnte jedoch gesundheitliche Folgen haben.

REACH als Chance: Innovation für die Branche

Trotz Kritik an der Umsetzung der Verordnung bringt sie auch Chancen für die Branche:

  • Mehr Sicherheit für Tattoo-Fans – weniger allergische Reaktionen und gesundheitliche Risiken.
  • Neue, innovative Farben – Hersteller entwickeln verbesserte Rezepturen, die noch länger halten und intensiver strahlen können.
  • Höheres Ansehen für seriöse Anbieter – Studios und Artists, die sich an die Vorschriften halten, gewinnen Vertrauen und sichern sich eine langfristig stabile Kundschaft.

FAQ – Häufige Fragen zur neuen Verordnung

Ich habe bereits ein Tattoo – muss ich mir jetzt Sorgen machen?
Nein, dein bestehendes Tattoo ist nicht betroffen. Die neue Verordnung gilt nur für Farben, die ab Februar 2025 verwendet werden. Es gibt keine Hinweise darauf, dass ältere Tattoos plötzlich gesundheitlich bedenklich sind.

Was ist mit Nachstechen oder Erweiterungen?
Wer sein Tattoo nachstechen oder erweitern lassen möchte, muss darauf achten, dass nur noch REACH-konforme Farben verwendet werden. Studios dürfen keine früher verwendeten Farben mehr nutzen.

Kann ich trotzdem noch bunte Tätowierungen bekommen?
Ja, allerdings gibt es für einige Farben neue Formulierungen, da bestimmte Pigmente nicht mehr verwendet werden dürfen.

Wer kontrolliert, ob Studios sich an die Regeln halten?
In der Schweiz sind die kantonalen Behörden für die Kontrolle zuständig. Je nach Kanton übernehmen das Lebensmittelinspektorat, die kantonale Gesundheitsbehörde oder das kantonale Labor diese Aufgabe.

Was passiert, wenn ein Studio nicht regelkonform arbeitet?
Es drohen Geldbussen, Beschlagnahmung der nicht zugelassenen Farben oder im schlimmsten Fall eine Schliessung des Studios.

Neue Regeln, mehr Sicherheit, aber offene Fragen

Die Übernahme der REACH-Verordnung in die Schweizer Gesetzgebung sorgt für mehr Sicherheit und Transparenz in der Tattoo-Branche. Gleichzeitig gibt es noch offene Fragen zur Umsetzbarkeit einiger Regelungen, insbesondere bei Pigmenten wie Blue 15:3.

  • Für Tattoo-Studios bringt die Verordnung mehr Verantwortung, aber auch die Chance, sich als professionelle Anbieter zu etablieren.
  • Für Kundinnen und Kunden bedeutet die Verordnung mehr Sicherheit, setzt aber ein bewusstes Nachfragen bei der Farbwahl voraus.

Die Branche befindet sich im Wandel – ob die neuen Vorschriften langfristig sinnvoll und umsetzbar sind, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

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